Entwicklungssprünge

An manchen Tagen wünsche ich mir einen großen Sprung in meiner persönlichen Entwicklung, aber schonend erlebt. Mit wenig Schmerz, besser überhaupt mit keinem. Ich träume davon, leidensfähiger, klüger, erfahrener zu werden, ohne dabei die warme Badewanne der Komfortzone zu verlassen. Ich bilde mir ein, es wäre möglich. 

Weitsprungtafel im Steigerwald

Meine eigene Erfahrung sagt und die Beobachtung anderer zeigt: Es ist nicht möglich. Neulich hatte mein fünfwöchiges Baby seinen ersten Entwicklungsschub. Mindestens laut der „Bibel“ unter den Baby-Ratgebern. Dieser Schub sorgt dafür, dass sich die Sinnesorgane der Neugeborenen rasant entwickeln. Das verunsichert die Kleinen, und wie! Mein Baby war tagelang weinerlich, lebte wörtlich in meinen Armen. Ein paar Tage später war die Phase durch und mein Kind ruhiger und mit ungeheurem Interesse an allen Dingen, die in sein Blickfeld gefallen sind. Ein Riesenschritt weiter, eine große Angst davor. 

Zeitgleich belegte mein Mann einen anspruchsvollen Kurs im Prozessmanagement. Er arbeitete an einem Praxisprojekt, las viel und schrieb Probeprüfungen. Zwar war dieses Training eine geplante Entwicklung, unbequem war es trotzdem. Im Gegensatz zum Baby schlug er einen gewöhnlichen Weg der Erwachsenen: hat sich zurückgezogen, doppelt gearbeitet und Pausen gestrichen. Mein guter Freund, ein Körpertherapeut, beschreibt diesen Modus, wie Körper verlassen und nur im Kopf leben. (Kopf- oder Rückenschmerzen sind die Folge, da der Homo Faber seine/ihre Körpersignale knallhart ignoriert.) Nach dieser Entwicklungsphase kam der angenehmere Teil. Mein Mann hat tausend neue Ideen für sein Werk bekommen, die Prüfung bestanden und das Zertifikat erhalten.

Ich frage mich, ob wir den Entwicklungsschmerz, oder diesen Zustand der Unsicherheit, besser aushalten können, wenn wir ihn von vornherein als Teil des Weges sehen. Als einen guten Indikator, dass wir auf einem guten Weg zum nächsten Level sind. Ich werde beim nächsten Mal dran denken.